Sammlung Deutscher Wertsätze

Die von Mariel Gottwick 2002 angelegte „Sammlung Deutscher Wertsätze“ beinhaltet Zitate deutscher Werbeslogans. Die Zitate wurden von ihr mit einer fortlaufenden Nummer, der Nennung des werbenden Unternehmens und dem Publikationsjahr versehen.

Mariel Gottwick sammelt Werbeanzeigen, wie sie sich tagtäglich im Internet, in Zeitschriften oder an Plakatwänden anbieten. Im fortlaufenden Sammelprozess formten sich unterschiedliche Kategorien heraus. Die Künstlerin teilt die „Sätze“ in Wertsätze, Leitsätze, Lehrsätze, Sparsätze, Vorsätze und Merksätze ein.

Allgemein bekannt ist, dass die Werte, die in solchen Werbebotschaften formuliert werden, immer an kommerzielle Absichten gekoppelt sind. Mit süßen Verheißungen und großspurigen Versprechungen wird zum Konsum angeheizt. Mariel Gottwick transportiert die Zitate von ihrem ursprünglichen Platz in den Werbemedien, wo sie mit hehren Werten und Emotionen aufgeladen wurden, in ein neues Umfeld, das meistens nicht der Werbewelt entspringt. Im neuen Kontext finden sich die Sätze in einer Reihe mit Sinnsprüchen, Weisheiten oder gesellschaftlich relevanten Leitbildern wieder.

 

 


 

 

 

„Lebe Deinen Satz I“, 2019, interaktive Installation

„Lebe Deinen Satz“ ist ein Spiel mit Worten, genauer gesagt, ein Spiel mit Werbeslogans. Alle Worte dieses Spiels entstammen der „Sammlung Deutscher Wertsätze“ s.o.
Ungefähr 200 Kärtchen mit schwarz auf weiß gedruckten Worten, ordentlich sortiert in dafür vorgesehene Fächer, liegen auf einem Tisch. Hinter dem Tisch an der Wand, ein circa zwei Meter großer, gemalter, gelber „Stern“, der den explosiven Boom- Illustrationen ähnelt.
Die gesammelten Werbesätze, die den Content liefern, haben ihren ursprünglichen Platz in der Kultur des BOOMs, wo sie den abrupten, positiven Wechsel und die ultimative Steigerung zum bequemsten, schönsten, billigsten, besten Leben suggerieren sollen. Das Publikum ist aufgefordert neue, ganz eigene Sätze aus dem vorhandenen „Worteangebot“ zu kreieren.
Mit einem eingeschränkten Wortschatz, der ausschließlich dem Sprachsystem der Werbemedien entstammt, bleibt den Besuchern nichts anderes übrig, als das mehr oder weniger „belastete“ Wortmaterial für ihre neuen Satzschöpfungen zu benutzen.

 


 

 

„LEBE DEINEN SATZ II “, 2020
ein interaktives Onlinespiel

Lebe Deinen Satz II  ist ein Spiel mit Worten, genauer gesagt, ein Spiel mit Werbeslogans. Weil zum Zeitpunkt des Festivals 48 Stunden Neukölln eine Kontaktbegrenzung wegen des Coronavirus‘ herrschte, wurde das Spiel in eine digitale Form gebracht.

Die Phase des Sammelns der Werbesätze fiel in die Zeit nach dem ersten Corona-Lockdown. Nach einer anfänglichen Schockstarre, ganz ohne aktuelle Werbung, tauchten vereinzelt neue Werbeplakate auf, mit ungewohntem Tenor. Die Inhalte wandelten sich von den altbekannten Hyper-Superlativen zu Durchhalte – Parolen. Soziale Themen, wie Zusammenhalt, Gesundheit oder Solidarität kamen zu Wort. Kommerzielle Absichten wurden in ein soziales Mäntelchen gehüllt. So haben sich in dieses Spiel einzelne, für die Werbung ganz untypische Worte gemischt.

Kreiere hier DEINE eigene Botschaft!

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Bildergalerie

Hier findest du alle „Wertsätze“ zum Spiel aus der „Sammlung Deutscher Wertsätze“.

 

 

 

 


 

 

„Lebe Deinen Satz III“, 2023, interaktive Installation; Tisch mit Einteilungen für Wortkärtchen,
im Rahmen der Ausstellung „Das Gute Leben“, im GG3 Berlin

 

 


 

 

„DIE ZUKUNFT IST GRATIS“, 2019
elfteiliges Postkartenset, DinA6

Mit überwiegend typografischen Mitteln werden hier die Werbeslogans aus der Sammlung in eine andere Welt transportiert und sie verwandeln sich in verstörende Sinnsprüche.

 

 


 

 

 

 

„WERTMUNDSATZ“

2016

Video, 2:34 Min.

Das Video „WERTMUNDSATZ“ gehört zu der Serie „Sammlung Deutscher Wertsätze“. Sie ist eine Sammlung von Zitaten aus deutschen Werbetexten. Ganz offensichtlich wird, dass die Werte, die in solchen Werbebotschaften formuliert werden, immer an eine kommerzielle Absicht gekoppelt sind, das heißt ein Konsument soll geworben werden.

In dieser Arbeit zitiere ich 3 „Sätze“ aus verschiedenen REISE-Anzeigen, in denen das Reiseangebot auf Träumen und Sparen reduziert wird. Die Anzeige verspricht eine Traumreise, zum entspannen und genießen für wenig Geld, dabei bekommt der Zielort eine eher nebensächliche Rolle.

Im Video wird die inhaltliche Aussage der Sätze ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt, der Fokus ist auf Mund und Stimme gesetzt. Eine Stimme, einer unsichtbaren Person, die aus einer räumlichen und zeitlichen Distanz zu sprechen scheint, suggeriert eine Art „Stimme aus dem Off“, das Wahre und gute Leben einflüsternd. Begleitet von einem Sonarton, bekommt die Stimme einen besonderen Stellenwert. Im Filmverlauf verschiebt sich diese Wahrnehmung und verkehrt sich eher ins Gegenteil. Der Ton der Stimme wird eindringlicher, während sie penetrant die gleichen Fragmente wiederholt, die keinen Sinn ergeben. Im Raum bleibt ein dissonanter Nachklang. Realität und Wunschtraum fallen auseinander.

 

 


 

 

 

 

„Übereier“, 2010, 

Temporäre Installation , bedruckte Folien in Eiseiern eingefroren, je 14 cm hoch, Dauer mehrere Stunden, 

„Übereier“ – der Name weist einerseits darauf hin, dass die Eier eine Überraschung verbergen, wie die bekannten Schoko – Überaschungseier, andererseits weist die Vorsilbe ,Über’ auch auf Worte, wie Übergang, Wandel, Transfer hin.

Auf Folien gedruckte Werbeslogan sind in Eiseiern eingefroren. Die Eier hängen an feinen Nylonfäden von oben herab. Die bedruckten Folien scheinen zart farbig durch die Eisschicht hindurch. Nach einigen Stunden Tauzeit beginnt die Schrift auf den Folien deutlicher lesbar zu werden. Das Lesbare bleibt jedoch fragmentarisch. Während des Tauprozesses fallen in regelmäßigem Rhythmus Wassertropfen auf den Boden – ein beinahe meditativer Vorgang. 

Durch den gedehnten Prozess der Installation werden die Erwartungen des Betrachters zum Ende hin extrem zugespitzt, was konträr zu der üblichen Vorgehensweise der Werbemacher steht – kurz, schrill und schnell erfassbar soll die Botschaft sein. Zum Ende hin nimmt der bis dahin sehr  langsame, leise Verlauf eine abrupte Wende. Der Eiskern löst sich vom Nylonfaden und fällt auf den Boden. Eissplitter liegen herum, schmelzen, bis am Ende nur  noch versprengte Satzfragmente  in einer Pfütze liegen, aus denen sich schwer sinnvolle Sätze bilden lassen. Keine schöne Überraschung, keine erhellenden Botschaften, der Betrachter wird allein gelassen mit verheißungsvollen Versprechungen. 

In der Tat – hier wurde nur ein dünnes „Werbesüppchen“ gekocht, wodurch die Strategien der Werbebranche auf eine poetische Weise entlarvt werden.

 

 

 


 

 

 

 

„Blühendes Leben“, 2008

Teppich aus frischen Blütenblättern, L 8,0 x B 1,0 m,

aus dem Werkblock, „Sammlung Deutscher Wertsätze“, 

Zitatesammlung aus deutschen Werbetexten,

Im Wertsatzarchiv, Luxus lebt! , Hofmeister,

Lehrsatz Nr. 1.000.000.096

– Bild links, am Tag der Eröffnung

– Bild rechts, 5 Wochen später, zur Finissage

 

„Blühendes Leben“,

Blumenteppich, 5 Wochen später, zur Finissage

 

 


 

 

 

 

Losungen“, 2008,

2 Gläser mit Schraubverschlüssen, ca. 2000 farbige Papierröllchen-Lose

(bedruckt mit verschiedenen Wertsätzen aus der Sammlung, 50 % Nieten), Münzgeld

 

Auszug aus Dr. Andrea Wolter-Abele,  „Sammlung Deutscher Wertsätze“, 2008

(…)  präsentiert Mariel Gottwick die Leit-, Vor-, Lehr- und Wertsätze in Form einer Performance, die der Ziehung eines Glücksloses, in religiösem Sinn einer Losung gleichkommt. Als Präsent zur Eröffnung darf jeder Besucher gratis seine Riesenchance nutzen und einen Wertsatz, also seine Losung oder vielmehr „Lösung“ als Gratisgewinn ziehen.

In ihrer künstlerischen Handlung schafft es die Künstlerin, die Kraft und werbestrategische Sogwirkung der Marketingmittel in aller Konsequenz vorzuführen, so dass sich die inhaltlichen Aussagen vom Logischen ins Absurde, vom Ernsten ins Komische verschieben.

 

 

 


 

 

 

 

 

Aus der Serie

„Handarbeiten“, 2006

Baumwolle, Handstickerei, H 50 cm x B 50 cm

Aus der „Sammlung Deutscher Wertsätze“

Lehrsatz Nr. 1.000.000.076

Hornbach, 2004, „Liebe dein Zuhause. Dann liebt es Dich auch.“

 

Aus der Serie

„Handarbeiten“, 2006

Baumwolle, Handstickerei, H 112 cm x B 58 cm

Aus der „Sammlung Deutscher Wertsätze“

Lehrsatz Nr. 1.000.000.064

MediaMarkt 2003, „Der Kleinste Preis kennt keinen Feierabend.“

 

 


 

 

 

Aus der Serie

„Heiligenbilder“, 2005

Acrylmalerei auf Holz, vergoldet, gerahmt, H 33,8 cm  x B 28 cm

Aus der „Sammlung Deutscher Wertsätze“,

Leitsatz Nr. 1.000.000.155

Citibank, 2005 „Ein gutes Angebot muss nichts kosten.“

Wertsatz Nr. 1.000.000.145

Media Markt 2005, „Billig macht den Meister!“